Neulich bin ich auf eine wunderbare und sehr humorvolle Geschichte gestoßen.
Die Geschichte von den ungleichen Zwillingen:
Es waren einmal zwei Zwillingsbrüder. Die glichen sich äußerlich wie ein Ei dem anderen. Ansonsten waren sie aber grundverschieden.
Wenn es dem einen zu heiß war, war es dem anderen zu kalt. Wenn der eine sagte: „Die Musik ist zu laut“, wollte der andere die Musik noch lauter. Der auffälligste Unterschied aber war, dass der eine zu jeder Stunde optimistisch und zuversichtlich war, und der andere immer schlecht gelaunt, miesepetrig und pessimistisch.
Als sie nun eines Tages Geburtstag hatten, wagte der Vater der Zwillinge ein Experiment. Er wartete, bis seine Söhne eingeschlafen waren, und ging dann heimlich ans Werk. Er füllte das Zimmer des Pessimisten bis unter die Decke voll mit den schönsten Geschenken, mit Büchern, Spielzeug, Software und, und, und! Dem Optimisten aber legte er nur einen stinkenden Haufen Pferdeäpfel ins Zimmer. Sonst nichts.
Am nächsten Morgen schaute der Vater zuerst ins Zimmer des Pessimisten. Er fand ihn laut klagend am Boden sitzen, inmitten der ganzen wundervollen Geschenke. „Warum weinst du denn?“, fragte der Vater.
Da schluchzte der Pessimist: „Erstens: weil meine Freunde neidisch sein werden; zweitens: weil ich die ganzen Gebrauchsanleitungen lesen muss, bevor ich mit den Geschenken was anfangen kann; drittens: weil ich für die meisten dieser Spielsachen ständig neue Batterien brauchen werde; und viertens: weil im Lauf der Zeit bestimmt ein paar von den Spielsachen kaputtgehen werden.“
Als der Vater dann ins Zimmer des Optimisten kam, hüpfte dieser vor Freude in großen Sprüngen um die Pferdeäpfel herum. „Warum bist du denn so fröhlich“, fragte der Vater. „Ganz einfach“, antwortete sein optimistischer Sohn, „weil irgendwo im Haus ein Pony sein muss!“
Manchmal wünsche ich mir den Optimismus dieses Zwillings, auch wenn das eine ziemlich überspitzte Erzählung ist. Aber sie bringt etwas auf den Punkt, das mich beschäftigt. Nämlich die Frage, mit welcher Haltung ich auf kleine und große Herausforderungen schaue.
Schaue ich auf den Dreck oder auf das, was vielleicht darunter verborgen liegt?
Ich bin nicht der Typ, der mit einer rosaroten Brille durchs Leben geht. Ich glaube auch nicht, dass alles gut wird, allein dadurch, dass man positiv denkt.
Aber ich glaube an eine Haltung, die sagt: Auch im größten Mist kann noch Leben stecken. Auch wenn alles chaotisch ist, kann etwas Gutes daraus wachsen.
Manchmal ist Hoffnung genau das: Eine absurde, trotzige, fast kindliche Erwartung, dass da noch mehr ist. Mehr als das, was wir sehen. Mehr als Schmerz, Verlust oder Resignation.
In der Bibel finde ich diese Haltung immer wieder: Bei Abraham, der auf Nachkommen hofft, obwohl seine Frau Sara eigentlich schon viel zu alt ist.
In den Psalmen, die mitten in der Klage sagen: Dennoch will ich hoffen auf dich (Ps 62).
Bei Jesus, der über die fünf Brote und zwei Fische eben nicht sagt: Das ist doch viel zu wenig für so viele Menschen!, – sondern darauf vertraut, dass alle satt werden.
Vielleicht ist christliche Hoffnung manchmal ein bisschen wie das Kind im Pferdemist:
Sie nimmt das Schwierige nicht weg. Aber sie verändert die Perspektive.
Sie glaubt: Es könnte noch ein Pony geben.
Oder: ein Licht, ein Weg, ein neues Morgen.
Finden wir uns ab mit dem Dreck, der uns manchmal im Weg liegt oder suchen wir nach den Chancen und Möglichkeiten, die sich darunter verbergen?
Wir haben die Wahl!
Bleiben Sie behütet!
Ihre Gisela Fritsche
Dekanatsreferentin
